Die Magenbypassoperation ist in der Schweiz der am häufigsten durchgeführte chirurgische Eingriff bei schwerst
übergewichtigen Patienten. Dabei kommt es zu tiefgreifenden Veränderungen in der Anatomie des Magen-Darm-Traktes.
Bei diesem klassischen Standardeingriff wird eine massive Verkleinerung des Magens vorgenommen (auf ca. 10-15ml). An diesen
kleinen Magenrest wird eine neue Verbindung mit dem oberen Anteil des Dünndarmes angelegt, damit die Nahrung abfliessen kann. Diese neue Verbindung nennt man in der Fachsprache „Anastomose“. Bei
der proximalen Magenbypassoperation wird diese Anastomose i.d.R. bewusst eng gewählt, um die Menge der eingenommenen Nahrung einzuschränken. Ähnlich wie bei der Magenband- und der
Schlauchmagenoperation handelt es sich um ein sog. restriktives Verfahren. Im Gegensatz zum Magenband kann aber der Durchmesser der Anastomose später nicht einfach enger oder
weiter gestellt werden kann. Eine Veränderung der Anastomosenweite ist technisch zwar möglich, allerdings nur mit hohem Aufwand entweder endoskopisch (durch Magenspiegelung) oder
chirurgisch. Die anlässlich der Magendurchtrennung umgeleiteten Magen-, Gallen- und Bauchspeicheldrüsensäfte werden etwas weiter unten wieder in den Dünndarm geleitet (vgl. Bild). Der gemeinsame
Dünndarmanteil (common Schenkel) hat dann eine Länge von ca. 3.5-4.5 Metern, in dem auch die Nährstoffverwertung (u.a. Kalorienaufnahme!) stattfindet.
Dieser Eingriff führt anfänglich meistens zu einer sehr guten Gewichtsreduktion. Leider nimmt ein nicht zu vernachlässigender Teil dieser Patienten nach einigen Jahren aber langsam wieder
kontinuierlich an Gewicht zu. Weshalb dies so ist, weiss man noch nicht genau. Man nimmt an, dass sich der Körper an die geringe Kalorienaufnahme und die hormonelle Umstellung
(enterohumorale Faktoren) gewöhnt und dann bereits eine winzige Mehrzufuhr an Kalorien (in welcher Form auch immer) genügt, um wieder zuzunehmen.
Bei solchen „Therapieversagern“ kommen diverse Behandlungsmöglichkeiten in Frage. Einerseits kann die obere Anastomose endoskopisch noch enger gemacht werden oder es wird chirurgisch ein nicht
regulierbarer Ring (Fobiring) oder ein Magenband zusätzlich implantiert, um die Nahrungsaufnahme noch weiter einzuschränken. Wir sind allerdings der Meinung, dass solche
„Therapienverfahren“ auf Dauer kontraproduktiv und sogar gefährlich sind. Durch die Verengung der oberen Anastomose kann es mit der Zeit (ähnlich wie beim Magenband!) zu einer Erweiterung
des kleinen Restmagens und der Speiseröhre kommen. Noch gefährlicher ist die Tatsache, dass die normalerweise vorhandene koordinierte wellenförmige Pumpbewegung der Speiseröhre an Kraft und
Intensität verliert. Die Nahrung fliesst nur noch unkoordiniert und sehr langsam durch die erweiterte Speiseröhre. Dies alles führt schlussendlich dazu, dass der Schluckakt nicht mehr
normal abläuft. Folge davon ist ein ständiger Druck hinter dem Brustbein, Aufstossen und sogar ein Zurückfliessen von unverdauten Speiseresten bis in den Hals- oder Mundbereich. Im Liegen können
sogar schwere Hustenattacken bis hin zu Erstickungsanfällen auftreten.
Bei Patienten, die nach einer proximalen Magenbypassoperation wieder zunehmen, wandeln wir den proximalen in einen intermediate oder distalen Magenbypass mittels laparoskopischer
Enterotransposition um (sog. Distalisierungsoperation). Es handelt sich um einen kleinen Eingriff, bei welchem die Magen-, Gallen- und Bauchspeicheldrüsensäfte erst weiter unten wieder in den
Dünndarm geleitet werden. Dies führt zu einer stark verminderten Nährstoffaufnahme (Malabsorption), so dass diese Patienten auch bei normaler Nahrungsaufnahme wieder langfristig an Gewicht
verlieren.
Im Gegensatz zur oben beschriebenen proximalen Magenbypassoperation wird bei der distalen der Magen zwar ebenfalls in gleicher
Weise verkleinert, die neue Verbindung zwischen dem kleinen Restmagen und dem Dünndarm (Anastomose) aber bewusst nicht eng gemacht. Die Nahrungsaufnahme ist somit kaum bis gar nicht
eingeschränkt. Des Weiteren werden die Magen-, Gallen- und Bauchspeicheldrüsensäfte erst sehr weit unten (distal) wieder in den Dünndarm eingeleitet. Erst dort, wo sich der Nahrungsbrei mit der
Galleflüssigkeit vermischt, beginnt die eigentliche Verdauung, die Aufschlüsselung der verschiedenen Nahrungsbestandteile (v.a. Fette) und somit auch die Aufnahme von Kalorien. Bei diesem
Eingriff handelt es sich also nicht um ein restriktives sondern um ein malabsorptives Verfahren. Die eingenommene Nahrung wird also nur zu einem geringen Teil verwertet. Viele Patienten
empfinden die Tatsache, dass sie ihre Ernährungsgewohnheiten nicht drastisch ändern müssen, als sehr angenehm. Trotzdem gilt es auch bei dieser Methode, gewisse Regeln einzuhalten. Durch die
Tatsache, dass die Fettverdauung erst weit unten im Dünndarm einsetzt, gelangen Fette unverdaut in den Dickdarm. Hier erfolgt keine Kalorienaufnahme mehr, dem Stuhl wird Wasser entzogen, um die
Konsistenz desselben zu verdicken. Bei Patienten mit distalem Magenbypass bedeutet dies, dass bei exzessiver Fettaufnahme dieses in sehr grossen Mengen unverdaut in den Dickdarm
gelangen, hier bakteriell besiedelt wird (Gärungsprozess) und dann als sog. Fettstuhl auf natürlichem Weg ausgeschieden wird. Fettstühle zeichnen sich dadurch aus, dass sie (wie der Name schon
sagt) sehr fettreich sind, somit oft flüssig bis sehr weich und v.a.auch sehr übel riechen. Dies ist zwar medizinisch unbedenklich, kann aber in gewissen Situationen ausserordentlich unangenehm
sein. Fettstühle können durch eine fettreduzierte Nahrung zwar nicht vollständig eliminiert, aber doch massiv verringert werden. Im Gegensatz zu den allermeisten anderen chirurgischen Verfahren
zur Gewichtsreduktion, kann die distale Magenbypassoperation praktisch nicht "überlistet" werden (z.B. mit flüssigen Kalorien), was die allermeisten Patienten sehr schätzen. Von entscheidender
Bedeutung ist hier allerdings der lebenslange(!) Ersatz von gewissen Vitaminen und Spurenelementen (z.B. Vit.B12, Vit.D3, Zink u.a)!
Intermediate Magenbypassoperation
Eine "abgeschwächte" Variante des klassischen distalen Magenbypasses ist der sog. intermediate Magenbypass. Technisch ist er mit dem proximalen Magenbypass absolut vergleichbar. Einzig die Länge des sog. Common-Schenkels (vgl. Bild oben) ist um einiges länger. Die Gewichtsabnahme ist etwas geringer als beim klassischen distalen Magenbypass, Fettstühle treten aber hier kaum auf. Auch gestaltet sich die Gewichtsabnahme nicht ganz so rasant wie bei der klassischen distalen Magenbypassoperation.
Dieser Eingriff ist in unserem Zentrum seit mittlerweile über 14 Jahren die am häufigsten
angewandte Operation bei Übergewichtspatienten.